Moin Gemeinde,
in letzter Zeit habe ich mich hier etwas rar gemacht.
Das hat natürlich Gründe; zum einen bedingt im im Wahnsinswetter aber auch in der Projektarbeit.
Wer hier an verschieden Stellen mal Berichte über mein Pech mit meinem Deibuchstabenmann Tuning-Kaufprojekt gelesen hat, wird wissen, was vorab gelaufen ist.
Es gibt dem auch nichts mehr hinzuzufügen.
Von dem ehemals abgelieferten Pfusch ist praktisch nichts mehr übriggeblieben.
Nun das Neue:
von dem 600er Projekt wollte ich trotz allem nicht weg und die inzwischen erworbenen Kenntnisse bzgl. der SR-Materie sollten helfen.
Also habe ich an verschiedenen Stellen hier im Forum und per PN sicherlich genügen dumme Fragen gestellt und entschuldige mich nachträglich nochmal dafür.
Hudriwudri und HiHa sind die von mir am meisten gequälten Mitstreiter um das Gerät zum Laufen -pardon- Fahren zu bringen.
Den Solist aus diesem Forum habe ich inzwischen persönlich kennen und schätzen gelernt, seine Ausfahrtansagen sind einsame Spitze und er hat immer gute Tips auf Lager.
- die Grundlage:
in 2003 erstand ich meine 95er SR, sie sollte mein "etwas" leistungsgesteigertes Stadt-Mopped werden.
Leistung war zwar da, aber der Motor hatte essentielle Macken und war haufiger defekt als lauffähig.
Anfang 2016 wurde daraus eine 88er, AU ade.
Nach einer längeren -absolut geilen- Südeuropa-Tour im gleichen Jahr gab's dann Kolben und Zylinderkopfschaden; eine Gesamtrevision über Winter war angesagt.
Meine vorsichtige Anfrage bei Hudriwudri bzgl. Reparatur und Überarbeitung hat er richtig lieb aufgenommen, O-Ton: "das ist ein interessantes Projekt";
es gab aber gleich die Ansage: es kann länger dauern.
Um den Motor vernünftig mit Gemisch befüllen zu können, folgte ich seinem Vorschlag, eine Johnson "J3" Nockenwelle mit passenden Kipphebeln und Ventilfedern mit Titantellern zu beschaffen.
Im Kopf waren angeblich Porsche-Ventile verbaut. Dazu kam die Ansage: die taugen nicht.
Schick eins von den Kedo-Tuning-Einlassventilen mit, für den Auslass finden wir schon was.
Alles zusammengeklaubt, ging mein Schrott inkl. der Neuteile dann im Januar 2017 auf die Reise nach Italien.
Nach diversen Telefonaten, SMS, Mails und was man sonst noch so an Kommunikationsmitteln zur Verfügung hat, hatten wir den groben Plan zusammen:
es sollte ein möglichst standfester Motor mit Dampf von unten raus werden, Drehzahlen jenseits von 6500 brauchts nicht.
Problem: der Dreibuchstabenmann hatte mir keinen 95er-Zylinder verkauft, sondern einen mit 95,5er Bohrung.
Eigentlich wäre der Zylinder nach leichtem Aufarbeiten wieder einsatzfähig gewesen, aber für das Maß habe ich ums Verrecken keinen Kolben gefunden.
Einzelanfertigung kam nicht infrage.
Also kurz entschieden einen neuen 95er CP-Kolben beim Sponsor besorgt und nach Genua geschickt.
Ziel für Zylinder und Kolben war dann die dort ansässige Fa. RAM (Hudriwudris Tip), die
eine neue, beschichtete Alubuchse mit Anpassung an den Kolben richtig schick abgeliefert hat.
Christian (der Hudriwudri) hatte mittlerweile die Zylinderkopfreparatur vorangetrieben, hauptsächlich musste die ausgewaschene Auslassventilführung erneuert werden.
Die mitgelieferte Bronzebuchse vom Sponsor wurde abgelehnt, weil sie mit ihrem 3/10 Übermaß nicht ausreichte. Christian hat lieber selbst eine angefertigt
und wenn ich ihn richtig verstanden habe, sogar zweimal, weil er mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden war.
Der Brennram im Kopf hat eine Spezialbehandlung über sich ergehen lassen müssen. Im Ergebnis ist er über die Ventile gesehen oval.
Rechts und links ist er praktisch plan mit der Dichtungsfläche. Die Gegenflächen des Kolbenbodens sind etwas abgefräst.
Das Auslitern hat eine Verdichtung von ca. 10,5:1 ergeben.
Wegen des größeren Hubs der Nockenwelle mussten auch die Ventiltaschen im Kolben vertieft werden.
Auch den Kipphebeldeckel hat Hudriwudri sicherheitshalber etwas nach oben erweitert, damit die Hebel nicht auf ungewollte Grenzen treffen.
Ein Problem war dann noch das auch vergrößerte Auslassventil. Hier kam der HiHa mit seinen fantastischen Verbindungen zum Zug.
Ein paarmal konferiert, hatte er dann eins aus einem Riesenkatalog gefischt. Seine Ansage: das passt grob, den Rest mache ich passend.
Hat er dann auch und das Ergebnis dann zu Hudriwudri geschickt. Einfach einsame Spitze diese Zusammenarbeit.
Kurz nach Ostern hatte ich dann mit glänzenden Augen das Ergebnis vor mir liegen. Absolute Begeisterung!
Ziel war: unbedingt mit dem Mopped aufs 40-Jahres-Treffen zu fahren.
Also alles flugs zusammengebaut, probegefahren und schon beim ersten Einfahren das Breitwandgrinsen nicht mehr aus dem Gesicht gekriegt.
Christians trockene Ansage: erschrick dich nicht, der Motor müsste gehen wie die Hölle.
Die erste Tour ging mit einigen Leuten vom Hamburger SR-Stammtisch durch unseren Nordosten.
Kommentare: "die geht ja ganz gut". Und ich war noch beim Einfahren mit Drehzahlen nicht über 3500.
Die Hin-und Rückfahrt zum 40. Jubiläum war etwas mühselig weil die Vergaserabstimmung zu wünschen übrig ließ.
Inzwischen passt die Abstimmung besser, die Hauptdüse war zu groß.
Kopfzerbrechen bereitet mir noch die Abgasanlage.
So richtig geht die Fuhre nur mit möglichst wenig Gegendruck.
Die Dragpipe funktioniert nur völlig offen gut.
Mit meinem vor Jahrzehnten selbst entwickeltem "Ballerrohr" geht's auch prima, aber beides ist bzgl. der Lautstärkeentwicklung eher "Schmerzgrenze".
Inzwischen habe ich schon mehr als 2000 Km ohne Ausfall auf der Uhr. Selbst Drehzahlen jenseits von 7500 U/Min sind überhaupt kein Ding.
Bei einer 17/40er Übersetzung möge sich der geneigte Leser seine eigene Vorstellung vom Ergebnis machen.
Endlich eine SR wie ich sie mir immer vorgestellt habe!
Was steckt drin?:
Motor:
600 ccm Sandgusszylinder mit Nicasil-beschichteter Alubuchse und CP-Kolben.
strömungsoptimierte Ein-/Auslasskanäle mit 49er Ein- und 42er Auslassventil
Johnson "J3" Nockenwelle mit auf Rollen über die Nocken laufenden Kipphebeln (kein Drehzahlmesserantrieb)
RD Ventilfedern mit Titantellern
Kedo-Kugelkopf Ventil-Einsteller
vetärkte Kupplungsfedern
Kedo +50% Ölpumpe
hydraulischer Kettenspanner
kleiner Ölkühler ohne Thermostatventil
Gemischaufbereitung:
Kedo-K&N-Rennfilter
Dellorto PHM40
angepasster Original-Ansaugstutzen
Fahrwerk:
Schwinge in Bronzebuchsenlagern
Emil-Schwarz-Präzisionslenkkopflager
Wirth-Gabelfedern
Drumherum:
TT-Kombiinstrument mit elektronischer Analogdrehzahlanzeige und digitalen Tacho
kleiner original Scheinwerfer mit LED-Einsatz (gab's im Sonderangebot bei Tante Luise)
Kedo Digitalzündung (angepasste Frühzündungsverstellungskurve)
Abgasanlage:
Dragpipe mit eigener Silencer-Entwicklung (nicht optimal)
Etwas neues muss her das -bei möglichst geringem Gegendruck- leiser wird
Wer hier jetzt nach Eintragungen fragt: klar, ist alles Okinol.
Nochmal meinen allerherzlichsten Dank an alle Beteiligten im Forum.
Schöne Grüße - Ingo