Dieses Jahr ist es wohl endlich soweit, daß ich mich meinen Motoren widmen kann und stark darauf hoffen kann, daß ich das Dutzend über Winter durchreparieren bzw. montieren kann.
Darunter auch ein Findling, der seit fünf Jahren unangetastet bei mir schlummert und auf Belebung wartet.
Es handelt sich um einen 79er SR-Motor mit dem 600cc-Kit eines "Tuners", der in der Szene nicht den besten Ruf genießt. Die Standfestigkeit dieser gepimpten Aggregate ist nicht legendär. Erkennbar ist die Vergewaltigung an fetten Schlagbuchstaben mit dem zusätzlichen Hinweis 9/88 auf den Zeitpunkt der Freveltat.
Für meine Alltags-SR scheint das aber einen Versuch wert zu sein, und da ich nix wegschmeißen kann, werde ich das Teil zum Leben erwecken.
Als ich den Motor bekam, hatte er die übliche Patina. Das äußere Reinigen der überzogenen Aluminiumhaut ging relativ gut und auch nach 35 Jahren sieht der Lack vom Gehäuse noch erstaunlich gut aus. Das spricht entweder für wenig km oder wenig Schietwetterbetrieb und womöglich Garagenfahrzeug.
Das Restöl, was aus dem Motor sprudelte, war mit 1,2l üppig und hatte wenig Umdrehungen gesehen, denn es war noch gülden. Ich werde es wieder einfüllen (nein, das ist natürlich ein Scherz!).
Fangen wir mal oben an: nachdem das Kipphebelgehäuse demontiert war, offenbarten sich Chromkipphebel mit Elefantenfüßen, dem Markenzeichen des "Tuners". Dazu bearbeitete er die Kipphebel auf brutalste Weise, damit das Ganze auch paßte. Nockenwelle und Kipphebel sind oberflächlich ok, es sind ansonsten auf den ersten Blick keine groben Schäden erkennbar. Die Zentralschraube an der Nockenwelle ist schön fest und die 6005er machten auch noch einen ordentlichen Ersteindruck. Die Steuerkette war vernünftig gespannt und noch nicht zu lang, sie kann wohl weiter verwendet werden.
Nun der Zylinderkopf, der mit Bigbore-Dichtung und wie das Kipphebelgehäuse mit der roten Pest versehen am Fuß auflag. Wenig Ablagerungen im Brennraum - das erfreute mich. Die Brennraumkalotte ist an die größere Bohrung angepaßt. Mit 9,2 war das Aggregat moderat verdichtet und ist garantiert kein Klingelkandidat, wenn das Gemisch stimmt. Die Ventile sind am oberen Ende dank der Elefantenfüße superglatt. Der Vergleich der Seriennummern ergab, daß Kopf und Gehäuse nicht matchen. Wahrscheinlich ist die Ursache der nachlässige Umgang beim "Tuner", der wohl auch mal Kundenteile durchgetauscht hat.
Nach ich alles penibelst gereinigt hatte, ging die Messerei mit Mikrometer und so Zeuchs los. Wie so oft war das Kipphebelgehäuse bezüglich der Achslagerung ein hoffnungsloser Fall, mit 0.13 Übermaß am AV auch nicht mehr zu bemaden (ich halte eh nicht viel davon, wenn das Spiel größer 0.01 ist, weil zusehends Öl durch den Spalt abhaut und zum Schmieren nicht zur Verfügung steht). Die Kipphebel wiesen im Vergleich zu vielen anderen gemessenen schon einen großen Innendurchmesser auf, die Achsen waren entsprechend klein. So wie ich das sehe, muß der Motor ordentlich geklappert haben.
Die Ventile waren im Durchmesser noch ok, könnten ggf. nochmal nitriert werden, muß aber nicht. Die AV-Führung ist mit 0.085 Spiel für mich eol, obwohl 0.1 erst die Verschleißgrenze ist. Fazit: der Kopf ist noch zu gebrauchen, zumal keine Rippe verbogen oder gebrochen ist und alle Gewinde iO sind.
tbc
XTheo