Werte Mitstreiter!
Danke für Eure Hilfe! Ich nehm' mir die Freiheit, einen LANGEN TExt aus de rec motorrad hierher zu kopieren, der die ganze Geschichte und ihren (glücklichen) Ausgang nochmal referiert - die Besitzerin hat heute die SR bei mir vom Hof geholt, sie sprang kalt wie warm ganz prima an. Hier also die ganze Story:
Titel: Beschleunigerpumpensicherheitsventilfederdefekt
Dass ich es mir aber auch nicht abgewöhnen kann, das Maul zu voll zu nehmen...
Simone ist eine schlanke, sportliche Dame, die Bekannte eines Bekannten, so schlank und sportlich, dass sie eine SR 500 fährt, und der Bekannte ist mir so gut bekannt, dass er sie zu mir schickt, weil sie darüber jammert, dass die SR so schlecht anspringe.
"Bah!", sag' ich, "SR 500", sag' ich, "so'n kleiner kurzhubiger Einzylinder", sag' ich, "den kick' ich doch in Badelatschen an." Sag' ich.
Dann steh' ich in Stiefeln neben bzw. über dem Ding, kicke mir die Lunge aus'm Hals, und zum guten Schluss feuert sie mir den Kicker in die Wade, was einen sehr schmerzhaften Muskelfaserriss zur Folge hat. Einen Monat humpeln. Aber sie sprang nicht an.
An der Wade, noch schmerzhafter aber in meiner Ehre getroffen, sag' ich zu Simone: "So! Das Ding kommt zu mir in die Werkstatt. Wommadomma seh'n, ob ich die nicht in's Laufen kriege." Und humple von dannen.
Das war im Juni.
Einige Fragmente der sich anschliessenden Schrauber-Tragikomödie hab' ich ja hier schon gepostet. Prüfung der üblichen Verdächtigen: Zundfunke und Vergaser. Kompression war ja jede Menge da, wie die schmerzende Wade beweist. Sehr hilfreich waren die Herren im SR 500 Forum (http://www.sr500.de). Es ist dem Wesen des Internets geschuldet, dass sie mir weniger tat- als ratreich zur Seite standen, doch halfen sie mir sehr bei der Läusesuche. Mein Dank an sie!
Die CDI-Zündung dieser SR ist ein Wunderwerk. Kein einziges mechanisches Bauteil, dafür aber nicht weniger als 5 Zündspulen. Doch: Fünf! Eine für den Funken, zwei für die Ladung des Kondensators bei hohen und niedrigen Drehzahlen, zwei für die Ansteuerung des Thyristors, der die Kondensatorladung in die Funkenspule jagt -- und alle können kaputtgehen. Eine war's auch, das konnte man messen. Zum Glück kann man das ganze Statorgelump, in dem die vier Lade- und Geberspulen sitzen, neu wickeln lassen - nur muss man erstmal den Rotor 'runterkriegen. Die Story mit dem flüssigen Stickstoff steht weiter unten in der "timeline" von drm.
Dann sprang sie an. Kalt. Auf'n ersten Kick. Aber warm auch nicht auf den (gefühlt) Fünfzigsten.
Den Vergaser hatte ich mittlerweile ab- und wieder angebaut. Drinnen hatte ich in der ersten Inspektionsrunde eine verstopfte Leerlaufdüse gefunden, jene für des ganzen Ärgers Vater gehalten, und sie ersetzt. Sonst war da drin eigentlich alles sauber und dicht, Schwimmerkammerniveau stimmte, die Membranen (auch gleich 3 Stück - warum eigentlich drei?) waren heile und ich freute mich bei der Funktions- und Dichtigkeitsprüfung auf der Werkbank darüber, wie die Fontäne des Benzins aus der Beschleunigerdüse hervorschoss, wenn man den Pumpenhebel betätigte. Alles prima.
Eingebaut.
Dann sprang sie wieder an. Kalt auf den ersten Kick. Aber warm auch nicht auf den (gefühlt) Hundersten. Startpilot: Keine Besserung. Zündfunke: ja. Aber nach nur wenigen Warmkicks kamen die Kerzen stets völlig versoffen da 'raus. Zündung aus, Vollgas. Dekohebel ziehen, x-mal durchleiern, um da drinnen alles auszutrocknen - nein. Mit Vollgas und Zündung: nein. Ganz ohne Gas: nein. Und so weiter.
Vergaser abgebaut. Zum zweiten Mal. In der Absicht, ihn diesmal total zu zerlegen und ihn in ein Ultraschallbad zu werfen. Der Ab- und Anbau des Vergasers macht übrigens keinen Spass, denn zwischen Einlass und Luftfilterkasten ist es grausig eng. Da braucht man die berühmten Hebammenfingerchen, die ich nicht habe. Und die Geduld, die Schräubchen am Flansch mit jeweils sechstel Umdrehungen herauszuschrauben, weil man den (abgesägten/spezialkurzen) Inbusschlüssel immer nur um eine "Kerbe" weiter ansetzen kann. Ratsche oder Kugelkopfinbus? Keine Chance. Zu eng.
Bei http://www.sr500.de hatt' ich mittlerweile eine Explosionszeichnung des Vergasers gefunden, die jemand überaus liebevoll und detailkundig kommentiert hatte. Jedes Federchen, jedes Schräubchen mit Massangabe und auch mit Funktionsbezeichnung. Hat jemand hier schon mal von einem "Beschleunigerpumpensicherheitsventil" samt dazugehöriger Feder und Membran gehört?
Zerlegt. Die Feder darin war zu kurz und auf der falschen Seite der Membran montiert. Und dann - AHA! - erschloss sich mir das Wesen dieses Bauteiles. Das Ding ist via einer Bohrung mit dem Ansaugtrakt verbunden. Sofern in jenem KEIN Unterdruck ist (der Motor also steht) öffnet die Membranmechanik ein "wastegate", das das von der Beschleunigerpumpe geförderte Benzin nicht in den Ansaugtrakt, sondern zurück in die Schwimmerkammer expediert. Meine kindische Freude über die perfekte Funktion der Beschleunigerpumpe auf der Werkbank (s.o.) war also ganz und gar unangebracht: ohne Unterdruck darf sie NICHT fördern. Was die Absauferei erklärt. Ein Wackler am Gasgriff bei stehendem Motor: blubb. Abgesoffen.
In der Federchengrabbelkiste fand sich eine passende, kurze, weiche Feder. Funktionstest auf der Werkbank: Unterdruck (via Schlauch und Lunge): Pumpe fördert. Kein Unterdruck: fördert nicht. Muss man erstmal drauf kommen. "Beschleunigerpumpensicherheitsventilfederdefekt" als Fehlerquelle.
Springt an. Jetzt auch warm. Zumindest ist das der Stand vom letzten Samstag.
Am Sonntag drauf, am Kornsand (Alteisentreibertreff am Rhein bei der Niersteiner Fähre, sehr nett, da) am Sonntag, gestern also, erzähl' ich dem örtlichen SR-Papst, dem Werner, die ganze Geschichte. Ob er schon mal was von einem "Beschleunigerpumpensicherheitsventilfederdefekt" gehört habe?
"Keine Ahnung", brummt Werner, "die Konstruktion da unten in der Schwimmerkammer hab' ich nie verstanden. Das erste, was ich mache, wenn ich eine SR in die Finger bekomme, ist das ganze Beschleunigerpumpengelump einfach stillzulegen, die laufen ohne die Pumpe genausogut, wenn nicht besser .."
Aha.